‘Willkommen im Paradies’¹

Which world did you just came from - aus welcher Welt kommen Sie gerade? So lautet der Webeslogan der Freizeitwelt Delos im Science-Fiction-Film Westworld. 1973 inszenierte Micheal Crichton die Vision eines zukünftigen Freizeitparks, in welchem die Vergangenheit als reale Fiktion erlebt werden kann. Wer nach Delos reist, taucht ein in ein Freizeitparadies der Schwertkämpfe und der Westernhelden. Hier, zwischen täuschend echten Kulissen einer scheinbaren Vergangenheit kann jeder Gast das Abenteuer seines Lebens finden.

Kaum ein anderer Begriff, wie jener des Paradieses, weckt so viele Träume und Erwartungen in uns. Um diesen Ausdruck zu verleihen, werden von Menschen besondere Räume inszeniert: in Romanen wie Solaris von Stanislaw Lem, Filmen wie Westworld, in Themenparks, Einkaufszentren und städtischen Wohn- oder Freizeitanlagen. Die Vision von etwas Anderem, z.B. jene eines tropischen Regenwaldes oder afrikanischer Savannenlandschaften werden in Tierparks und Schwimmbädern realisiert. In Freizeitparks können reale Orte, etwa ferne Städte modellhaft nachgebaut oder fiktive erschaffen werden: der ‘Weltraum’ liegt neben dem ‘wilden Westen’, das ‘Märchenland’ neben ‘Mexiko’. Aber auch die Oberfläche des städtischen Raumes wird zur kulissenhaften Projektionsfläche unserer Visionen. Schon ein Reklameschild auf einer Fassade ist ein Versprechen, der Versuch einer Verführung, ebenso, wie eine Plastikpalme an der Hafenstrasse in Hamburg; oder ein öffentliches Gebäude, welches die Anmutung eines Ufos hat und etwas Besonderes zu sein verspricht. Es ruft Bilder von Science-Fiction-Filmen aus der Vergangenheit ab, Assoziationen einer zukunftsorientierten Gesellschaft werden wach: kommen Sie herein und begehen Sie mit uns die Zukunft!

In der fotografischen Auseinandersetzung sucht Rivkah Young diese Orte auf, nimmt den Betrachter mit auf eine Reise durch einen konstruierten und in Szene gesetzten Raum. Die realen Orte erscheinen dabei in den Bildräumen als menschenleere Kulissen, abstrakt und dimensionslos. Herausgehoben aus dem konkreten Zusammenhang ihres Umfeldes wird auf diese Weise die architektonische Konstruiertheit selbst eines einfachen Bretterzaunes sichtbar. In den Bildern wird eine elementare Verwandtschaft zwischen der Fotografie und den Kulissen sichtbar: das Versprechen. Beide verweisen auf ein reales Ereignis und zeigen doch eine imaginäre Welt; das Kassenhäuschen im Vergnügungspark entspricht dem Bilderrahmen. Beide rufen: treten Sie ein und lassen Sie sich verführen. Und ohne es zu merken, sind es die eigenen Erwartungen, welche sich sowohl in der Oberfläche des Bildes, als auch in den verspiegelten Fassaden moderner Architektur spiegeln.

Um den neu gefundene paradiesischen Ort ihren ästhetischen Vorstellungen anzupassen, werden die Fotografien bearbeitet, teilweise sogar konstruiert. Ebenso wie bei der Frage nach dem Paradies, spielt die Wahrheit der Begebenheiten keine Rolle.Das neu erschaffene konstruierte Bild ist nicht eine Dokumentation von Tatsächlichem, sondern eine Dokumentation der Eigenschaften und des Zauberhaften ihres persönlichen Paradieses. Freizeit und Alltägliches, Vision und Realität, Zukunft und Vergangenheit verschmelzen zu einer Kulisse von Sehnsüchten.

Delos besteht aus zwei Teilen; einem Buch und einer Auswahl von Ausstellungsexponaten.

¹ Zit. aus John Bormans Film ‘Zardoz’ aus dem Jahr 1974.

Delos.pdf [4MB]

Mein Dank gilt allen Freizeiteinrichtungen, die mich bei der Verwirklichung dieser Arbeit unterstützt haben, im Besonderen: Center Parcs Deutschland, Phantasialand, Movie Park Germany, Zoom Erlebniswelt, Tripsdrill Erlebnispark, Sea Life, Tropical Islands, Evoluon Eindhoven.






Delos
seit  2007

Wandbilder
Text
Rivkah Young