Die Arbeit besteht aus bereits vorhandenem Bildmaterial. Dabei handelt es sich größtenteils um Aufnahmen, die mein Vater während meiner Kindheit von seiner Umgebung gemacht hat: zu Hause und auf Reisen. Je mehr meine Kindheit in die Ferne rückt, desto größer wird die Prägungskraft meiner Erinnerungen daran durch Fotografien aus eben jener Zeit. Nicht nur fotografisch festgehaltene familiäre Situationen und den zeitgenössischen Merkmalen der 1970er- und den frühen 1980er Jahre, wie Kleidung und Architektur, sondern auch die spezifischen Merkmale des etwa 25 Jahre alten Dias prägen meine Sinne durch Farbe und Licht. Dadurch erhalten die Bilder etwas allgemein Gültiges; eine Reise in die Vergangenheit, welche Vertrautheit und Erinnerungen hervorruft. Mein heutiges, erwachsen gewordenes Ich geht mit auf die Reise: erneut habe ich mich portraitieren lassen und mich teilweise in den Bildaufbau integriert. Dabei habe ich mich den jeweiligen Stimmungen der Portraitierten angepasst, transformiere von einem Familienmitglied zu einer sich "selbst beobachtenden" Person oder zu einer den Bildaufbau störenden Requisite. Manchen Bildern merkt man die Konstruktion nicht an, so sitze ich beispielsweise mit meiner Familie in einer Reihe und jede der auf dem Bild zu sehenden Personen ist mit dem Eisessen beschäftigt. Auf einem anderen Bild allerdings bin ich als den Bildaufbau störender Anschnitt zu sehen. Die Neugier des Betrachters wird geweckt, nach der "eingebauten" Person zu suchen, die ihn durch die Zeitreise begleitet und bei den Landschaftsaufnahmen fehlt. Der Betrachter wird zu meinem Verbündeten, gemeinsam gehen wir auf eine Reise und nehmen Abschied von der Kindheit. Darüber hinaus hat durch die Auswahl und den Eingriff in den fotografischen Raum eine intensive Auseinandersetzung mit meiner eigenen fotografischen Betrachtungsweise und dem damit verbundenen Konstruieren eines Raumes stattgefunden. Nichts hat mich mehr geprägt, als dieser Moment, in dem mein Vater in voller Konzentration und voller Leidenschaft den Auslöser betätigte, seine eigenen Eindrücke festhalten konnte und somit einen eigenen Raum geschaffen hat, in dem sich heute meine Erinnerungen abspielen: die Wirklichkeit ist das Ergebnis einer Bildkonstruktion. Die Arbeit ist als Diaprojektion konzipiert, es gibt eine auflagen-limitierte Bild-Box. |
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